Emotionaler Erpressung widerstehen

Dem zionistischen Kolonisationsprojekt und seinem Siedlerstaat, Israel, wird zunehmend von der fortschrittlichen und linken öffentlichen Meinung, insbesondere von der Jugend, einschließlich junger Juden, mit Abscheu begegnet. Die israelische Propagandamaschine kämpft dagegen an – mit schmutzigen Mitteln. Sie hat den Begriff des »Neuen Antisemitismus« eingeführt, der gegen die Linke gerichtet ist, die Unterschiede zwischen Zionismus und Judentum verwischt und die Opposition gegen den Zionismus als Judenhass verleumdet. Sie richtet sich an Nichtjuden, vor allem deutsche, und beutet die Tatsache, dass die Judenverfolgung und der Genozid der Nazis an den Juden ein monströses Verbrechen war, das nicht wiedergutgemacht werden kann, und verständliche Schuldgefühle aus, um die Kritik von Linken an der israelischen Enteignung und Unterdrückung der Palästinenser zum Verstummen zu bringen und sie zu zwingen, sich für ihre Humanität zu entschuldigen. Diese Stimmungsmache wird von den herrschenden Eliten, in Gehorsam gegenüber der US-amerikanischen Führungsposition in der »internationalen Gemeinschaft« (früher bekannt als »freie Welt«), wegen der zentralen strategischen Bedeutung Israels für die USA im Nahen Osten und darüber hinaus, bereitwillig unterstützt. Die emotionale Erpressung kann und muss als ein Instrument einer antiemanzipatorischen Agenda entlarvt und Widerstand geleistet werden. Das historische und gegenwärtige ideologische Einverständnis zwischen Zionismus, Reaktion und Antisemitismus – gegen die Integration von Juden in ihren Geburtsländern Stellung zu beziehen und sie zu drängen, sich abzusondern, Palästina zu kolonisieren und in einem jüdischen Staat zu leben − muss offen und entschlossen diskutiert und bloßgestellt werden.

Moshé Machover
ist ein 1936 in Palästina geborener Staatsbürger Israels. Seit 1950 ist er Marxist. Nachdem er die unkritische Haltung gegenüber der Sowjetunion in Frage gestellt hatte, wurde er 1962 aus der Kommunistischen Partei Israels ausgeschlossen. Im selben Jahr gründete er zusammen mit anderen die »Sozialistische Organisation in Israel«, bekannt als Matzpen. Seit Ende 1968 lebt er in London und ist britischer Staatsangehöriger. Er ist emeritierter Professor der Universität London, wo er mathematische Logik und Grundlagen der Mathematik gelehrt hat. Außerdem ist er Autor und Mitverfasser von Büchern und Artikeln zum israelisch-palästinensischen Konflikt, mathematischer Logik, Marx‘scher Ökonomie, Theorien des Wahlverhaltens und der kollektiven Entscheidungsfindung.